Bretonisches Vermächtnis (Kommissar Dupin #8) von Jean-Luc Bannalec
Bretonisches Vermächtnis by Jean-Luc Bannalec
My rating: 3.5 of 5 stars
Vive la France! – auch wenn sich das etwas merkwürdig anfühlt, wenn man weiß, daß sich hinter dem Pseudonym Jean-Luc Bannalec der deutsche Literat Jörg Bong (schon eine Weile nicht mehr) versteckt. Merkwürdig fühlt es sich auch an, nach längerer Zeit der “Abstinenz” einmal mehr in meiner Muttersprache gelesen und, jetzt und hier, auch geschrieben zu haben.
Andererseits schreibt mit Martin Walker auch ein nicht ganz so “waschechter” Franzose (sondern ein Schotte!) über seinen Bruno und ist damit ziemlich erfolgreich.
Ähnlich verhält es sich auch in anderen Punkten, was beide Roman-Serien angeht: Beide, so scheint es leider, haben ihre besten Zeiten hinter sich. Denn der vorliegende Band “Bretonisches Vermächtnis” ist immer noch nett, Dupin als Figur weiterhin ausgesprochen sympathisch und auch gewissermaßen glaubwürdig; nur leider wirkt doch alles recht routiniert:
“Schon Hunderte Male hatte er hier gesessen. Er hätte die Augen schließen und den Raum dabei im Detail beschreiben können.”
Nun gut, hunderte Male haben wir Dupin nicht “getroffen”, aber dies ist bereits der achte Band und, ja, man kann schon leider zunehmend Parallelen zu älteren Fällen finden.
Na klar, mit den beiden neuen Polizistinnen LeMenn und Nevou hat sich Bannalec neue Randfiguren erschaffen, aber nach einem vielversprechenden Anfang, während dessen die beiden beginnen, Konturen zu gewinnen, gelingt es Bannalec nicht, sie wirklich mit Leben zu füllen…
“Kein Kaffee, kein Wein, Dupin machte sich langsam Sorgen um Nevou.”
… dabei kann ich diese Sorge nur allzu gut verstehen!
Stattdessen holt er den vorher abwesenden Riwal zurück an Bord der Ermittlungen. Ein Kunstgriff, der notwendig scheint, um der etwas verworrenen Geschichte und deren Auflösung ein bißchen Authentizität zu verleihen.
Auch eben diese Geschichte – schnell zusammengefaßt und in mehrerlei Hinsicht leider nur mäßig originell – kann nur bedingt überzeugen: Drei ältere Herren – ein Arzt, ein Apotheker und ein Weinhändler – aus Concarneau verbinden ihre langjährige Freundschaft mit dem Geschäft – sie investieren gemeinsam in die lokale Wirtschaft. Da wird der Arzt ermordet und ein eher seichtes Drama nimmt seinen Lauf.
Viele Nebenfiguren treten auf und wir lernen den stereotypen jung-dynamischen Bürgermeister Concarneaus ebenso kennen wie die Besitzerin einer lokalen Konservenfabrik und viele weitere Lokal-Größen. Leider ist niemand von ihnen wirklich interessant, aber alle irgendwie schwer verdächtig – für meinen Geschmack zumindest tummeln sich zu viele Figuren am Rand und die Lösung des Falles fällt Dupin plötzlich förmlich in den Schoß. Und, Deus ex machina, alles wird – zumindest für mich ebenso überraschend wie nur bedingt glaubwürdig – plötzlich gut, oder fast.
Vielleicht ist es das Gesetz der Serie (also, nicht das Gesetz der Serie): Je länger eine Buch-Serie Erfolg hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß es dem Autor nicht gelingt, ein würdiges Ende zu finden, bevor wir seines Helden überdrüssig werden. (Ganz anders übrigens als Henning Mankell, der seinem Kommissar Wallander einen etwas traurigen, dabei aber überaus würdevollen, realistischen und lebensbejahenden Abschied angedeihen ließ, was ich nach über 40 Jahren des Lesens so noch nie gesehen habe!)
Allzu oft wird es dann glatt und routiniert, wie hier – das tut keiner Serie gut.
So zumindest geht es mir – leider! – sowohl mit meinem geliebten Bruno als auch – wie mir böse schwant – mit dem mir so sehr sympathischen Dupin.
Allerdings – und das gibt mir ein wenig Hoffnung – tut Bannalec etwas, daß mir zutiefst sympathisch ist: Er läßt Dupin nicht nur den reinen Wortlaut des Gesetzes, sondern auch dessen Bedeutung beachten:
“Dupin hatte gegrübelt, wie er sich beim Verhör verhalten sollte. Vor allem: welche Fragen er stellen sollte. Um was zum Thema zu machen. Oder, andersherum: Was würde er […] alles erzählen lassen und wie ausführlich? Und – was nicht?”
Darin wiederum sind sich Walkers Bruno und Bannalecs Dupin sehr ähnlich – sie lassen nie die Menschlichkeit außer Acht, sondern verhalten sich jedem Menschen gegenüber anständig.
So lasse ich diesen achten Band aus Jean-Luc Bannalecs Dupin-Reihe mit gemischten Gefühlen zurück und werde doch nicht von ihm, Dupin, lassen und empfehle diesen Band all jenen, die meine kleine Schwäche für französische Kommissare teilen.
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