Bretonische Sehnsucht (Kommissar Dupin #13), von Jean-Luc Bannalec

Bretonische Sehnsucht von Jean-Luc Bannalec

Meine Bewertung: 1 von 5 Sternen


Jean-Luc Bannalec hat sich mit seinen Romanen um den eigenwilligen Kommissar Dupin eine treue Anhängerschaft erarbeitet. Der neueste Band, „Bretonische Sehnsucht„, setzt diese Tradition fort, doch leider nicht in der gewohnten Qualität. Als langjähriger Leser der Romane des Autors und Fan der bretonischen Atmosphäre, war meine Vorfreude groß. (Allerdings war ich von meiner Frau schon etwas “vorgewarnt” worden.) Dennoch muss ich gestehen, dass dieses Werk weit hinter meinen Erwartungen zurückblieb.

Zu Beginn möchte ich die deutlich gesteigerte Esoterik in diesem Roman ansprechen, die die Sicht auf den Fall und mein Lesevergnügen ungemein trübte. Bannalec hat in seinen früheren Werken stets ein Gefühl für das Lokalkolorit bewiesen, doch diesmal treibt er es zu weit ins Mystische.

»Sie haben Seelen, die Leuchttürme. Seelen, Persönlichkeiten und Gefühle. Wie wir Menschen.«

Auch die Charaktere bleiben deutlich hinter dem zurück, was ich von Bannalec gewohnt bin: Die Insel-”Druidin”, die abergläubisch bis ins Mark ist und Dupin permanent vor Meerjungfrauen, Nixen und allen möglichen Monstern warnt; die Sängerinnengruppe “Sirenen”, die eine große Rolle zu spielen scheint, aber vollkommen blass und schemenhaft bleibt; ein geradezu absurd unglaubwürdiger Nebenstrang (Osmine…) – es kommt hier einfach kein Lesevergnügen auf.

Selbst Kommissar Dupin, dessen Grantigkeit und unorthodoxes Denken ich schätze, scheint sich hier in esoterische und bedeutungsschwangere Gedankengänge zu verlieren.

»Eine Insel der Metamorphosen, dachte Dupin. Vielzähliger und vielartiger Metamorphosen. Wer sich hier nicht alles verwandelte! Woraus die Frage resultierte: Wer sah in Wahrheit eigentlich wie aus?«

Verglichen mit Bannalecs früheren Werken vermisse ich die Ausgewogenheit zwischen Spannung und Atmosphäre. Die Geschichte verliert sich zuweilen in unnötigen Ausschweifungen und hinterlässt dabei wichtige Plotpunkte vernachlässigt oder oberflächlich behandelt.

Ein weiteres Ärgernis sind kleine Nachlässigkeiten im Text, die nicht dem Niveau eines stilistisch so versierten Autors entsprechen:

»Die Verabredungen war bereits getroffen.«

Ein simpler Tippfehler wie dieser mag unerheblich erscheinen, doch trägt er zum Gesamteindruck bei, dass hier nicht die nötige Sorgfalt aufgewandt wurde.

All dies wäre noch verzeihlicher, wenn der Kriminalfall selbst mitreißend und glaubwürdig präsentiert worden wäre. Doch auch hier hapert es an der Ausführung, insbesondere was die Nebenhandlung um Meerjungfrauen betrifft. Bannalecs Versuch, das Lokale mit dem Mystischen zu verweben, wirkt hier besonders bemüht und hinterlässt den Leser kopfschüttelnd:

»Meerjungfrauen dagegen sind gewöhnliche Frauen, die das Pech hatten, von einem bösen Geist verdammt zu werden. Unschuldig. Eine fatale Metamorphose.«

Dieser Versuch eines tieferen, vielleicht poetischen Untertons wirkt in der Realität plump und unglaubwürdig.

Doch selbst damit nicht genug: War Riwal schon in früheren Büchern gern mal etwas geschwätzig, wirkt er hier häufig überaus und langanhaltend belehrend:

»»Als der allgemeine Wohlstand und Fortschritt in der Nachkriegszeit erheblich wuchsen und die Insel das erste Mal einen regelmäßigen Fährbetrieb erhielt, dachte man, die Landwirtschaft wäre nun überflüssig – ein fataler Fehler, wie sich herausstellte. Bis dahin hatten die Ouessantins sehr intensiv Landwirtschaft betrieben, seit Menschengedenken, genauer gesagt die Frauen, wie Sie ja wissen.«
Riwal holte Luft. Dupin machte sich auf einen längeren Vortrag gefasst.
«

Ein bisschen Schwung und Handlungstempo hätte der Geschichte sicherlich gut getan. So erinnert „Bretonische Sehnsucht“ eher an einen langen Spaziergang durch wunderschöne, aber zu oft gesehene Landschaften ohne nennenswerte Höhepunkte.

Die im Übermaß vorhandenen esoterischen Einschläge sowie die vernachlässigten Plotpunkte bringen dieses Buch um den Charme und die Spannung der früheren Werke des Autors.

Da reicht es leider nur für einen von fünf Sternen.


Ceterum censeo Putin esse delendam




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