Altes Land by Dörte Hansen

Altes Land

Altes Land by Dörte Hansen

My rating: 5 of 5 stars


Ein Jahrhundert-Roman

Wie ein mächtiger Strom ist „Altes Land“ – mal ruhig und unaufgeregt erzählend von der Familie Eckhoff, Heinrich „Hinni“ Lührs und anderen Bewohnern des alten Landes, dann wieder mitreißend und voller Kraft.

Dörte Hansen erzählt mit größtmöglichem Respekt und großer Behutsamkeit von und über ihre Protagonisten. Keiner von ihnen ist frei von Fehlern, frei von Schuld, und alle erhalten Raum, ihren Blickwinkel darzulegen. So wird schwer Verständliches nicht besser, aber doch nachvollziehbarer. Man muss diese Menschen nicht mögen, aber es ist fast unmöglich, sich ihnen zu entziehen.

Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass man Hansens Protagonisten beinahe zu kennen meint: Die Öko-„Familienmanagerinnen“, deren Kinder in die frühkindliche Begabtenförderung gequält werden, der alte Landwirt, der weiß, dass ihm niemand mehr nachfolgen wird und der trotzdem nicht aus seiner Haut kann, die seltsame (oder zumindest so wahrgenommene) ewig „Zugezogene“ – sie alle entstammen dem alten Land oder finden sich darin.

Es sind aber alles Menschen, die nicht nur dort anzutreffen sind, sondern die glaubwürdig und lebensecht in jeder Art von kleinem Ort leben könnten.

Meine Vera heißt Leane und lebt – mittlerweile über 90 Jahre alt – in einem kleinen Dorf irgendwo in Deutschland. Auch sie war geflohen und war jemand in Not, so war sie da und ihre Tür (natürlich die Hintertür!) stand (nicht nur) mir immer offen.
So vieles habe ich „wiedererkannt“ ohne jemals im alten Land gewesen zu sein. Über weite Teile des Romans hatte ich das Gefühl, Hansen schriebe mir förmlich aus der Seele.

Für mich ist „Altes Land“ ein Jahrhundert-Roman, ein seltener und kostbarer Glücksfall der Literatur, der mich begleiten wird wie sonst wohl nur Thomas Manns Buddenbrooks.



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