Xerox, von Fien Veldman

Xerox by Fien Veldman

My rating: 1 of 5 stars


Die Protagonistin dieses Romans hat einen “Bullshit-Job”, lese ich im Klappentext und so mancher Rezension. Welcher Job das genau ist, bleibt allerdings unklar, denn die Protagonistin, die gleichzeitig Erzählerin ihrer eigenen Geschichte ist, bleibt vage, weitgehend desinteressiert und ihre Glaubwürdigkeit überaus fragwürdig.

Obschon sie mit Ende 20 nicht mehr ganz jung ist, ist ihre wichtigste und intimste Beziehung diejenige zu “ihrem” Drucker in ihrem Büro. Mit ihm spricht sie permanent und so ausdauernd, dass es selbst ihren Kolleg_innen im Büro auffällt. Sie schmiegt sich auch gern mal an ihn, putzt und streichelt ihn…

»Ich setze mich neben meinen Drucker. Das Gerät steht auf dem Tisch, an dem ich arbeite. Es ist ein typischer Büroapparat, eine sperrige und würfelförmige Maschine. Ich schmiege meine Wange an seine rechte Seite. Glatter, beruhigender Kunststoff. Er steht auf Stand-by. Meine Energie wird von dem Gerät absorbiert, die elektrischen Signale meines Nervensystems werden von ihm verstanden.«

Und, na klar, dieser Wunder-Drucker, der übrigens Hobby-Philosoph ist (“rhythmische Arbeit [ist] hochgradig spirituell”), versteht sie auch noch und nennt sie seine “Partnerin” – denn der Drucker kommt im dritten von vier Kapiteln allen Ernstes zu Wort… Dabei stellt sich dann auch noch heraus, dass dieser Drucker auch noch allwissend und allgegenwärtig ist:

»Ich spüre, wenn ein Tiefdruckgebiet im Anzug ist, ich erkenne Musik und Schallwellen, ich weiß, wann ein Mensch glücklich ist und wann nicht.«

Als wäre dieser Bullshit nicht schon übel genug, so versucht die Protagonistin, ihren Kolleg_innen nach Möglichkeit auszuweichen, sie zu ignorieren. Während die Protagonistin ordentlich behandelt und mit Namen angesprochen wird, nennt sie ihre Mitarbeitenden nach deren jeweiligen Rollen im Unternehmen – Marketing, PR, HR, etc.

Wann immer jemand auch nur mit ihr sprechen möchte, fasst sie das als Affront und Kampfansage auf…

»Soll das ein Test sein? Ist das seine Rache dafür, dass ich die Zustellung des Pakets nicht gut überwacht habe? Es muss Rache sein. Der Kampf hat begonnen.«

… und das liegt nicht am vermeintlichen “Bullshit-Job”, sondern – so meine Interpretation – an ihrer psychischen Gesundheit. Denn unsere Protagonistin will auch gar nicht anders – sie möchte “nur sein”.

»Ich sehe mich nirgends in zehn Jahren, ich habe keine Zukunftsträume, ich habe kein Ziel außer der Wiedervereinigung mit meinem Gerät. Ich möchte mich nicht verbessern. Ich möchte nur sein.«

Die bloße Existenz, so meint sie, müsse doch wohl reichen. Mit der realen Welt konfrontiert, nimmt sie üblicherweise schlicht reißaus – sei es, nach ihrer Freistellung, vor dem “blauen Zettel” an ihrer Tür (dessen Inhalt auch nie aufgeklärt wird) oder auch das Büro einer Zeitarbeitsfirma.

Durch Auslassung verschweigt uns die Protagonistin zudem soviel, dass ich ihr kein Wort glaube und den Wert ihrer Erzählung, ja, den Wert dieses merkwürdigen Debüts in Frage stelle – alles bleibt vage, offen, undefiniert und Veldman, die Autorin, ergeht sich in banaler Schein-Kritik, zu deren Substantiierung sie nicht in der Lage scheint.

Dafür wimmelt es geradezu von kruden Theorien…

»Auch wenn der Baum zu Stücken, Schnipseln, Zellstoff reduziert wird, steckt irgendwo noch der Geist des Baumes im einzelnen Blatt Papier.«

… und daher-fabulierten Selbst-Diagnosen…

»Ich bin übrigens die einzige Mitarbeiterin, die freigestellt wurde, dabei bin ich nicht die einzige mit Burn-out.«

Grotesk, dümmlich, prätentiös und aufgeblasen wie Luftballon – so ist dieser Roman, den ich nunmehr genussvoll durch Löschung zum Platzen bringe.

Ein Stern von fünf.


Ceterum censeo Putin esse delendam




View all my reviews

Kommentar verfassen