Die Bagage, von Monika Helfer

Die Bagage by Monika Helfer

My rating: 3 of 5 stars


Der Literaturkritiker Denis Scheck hat dieses Buch empfohlen (“Auf nur 160 Seiten entfaltet die Autorin Monika Helfer eine beeindruckende und gehaltvolle Geschichte über Familienstrukturen und Beziehungen.”) und sein Wort hat für mich Gewicht.

Wie so oft, wenn’s dem Esel zu wohl wird, naja, Ihr wißt schon… Das Problem dieses kurzen Büchleins ist, daß es die einerseits sehr persönlich erzählte Familiengeschichte der Autorin ist.

Helfer beantwortet darin sich und uns die Frage “Woher komme ich?”. Das deutet aber auch bereits mein erstes Problem an: Diese Frage habe ich mir in bezug auf die Autorin nie gestellt. Ihre persönliche Antwort läßt mich daher weitgehend kalt.

Parallel kommt hinzu, daß es – zumindest meinen Lese-Erfahrungen zufolge – kein seltenes Schicksal ist: Familie auf dem Dorf am Ende der Welt vor gut 100 Jahren – zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Die Frau, Helfers Großmutter Maria, ist nicht landläufig (sic) “normal” und wird daher samt ihrer Familie der ganzen denkbaren Boshaftigkeit einer dörflichen “Gemeinschaft” ausgesetzt – widerlich, aber hinlänglich bekannt.

Noch schwieriger wird es, wenn eine ohnehin schon nicht besonders spannende Geschichte mühselig zu lesen. Ein Beispiel; das folgende ist nämlich ein einziger Satz:

Tag und Nacht zog das Pferd den Schneepflug über die Wege und schaufelten die alten Männer, die man im Krieg nicht brauchen konnte, die Schellen am Zaumzeug waren Tag und Nacht zu hören, und einmal — alle waren schon in der Kirche, aus den Mündern dampfte es, aus dem Weihrauchfass in Walters Händen dampfte es, seit Neuestem war er Ministrant, weinend hatte er gebettelt, Ministrant sein zu dürfen, auf die Knie war er vor Maria gegangen, wie es der Pfarrer den Schülern beigebracht hatte, in ihren besten Kleidern waren alle in der Kirche, Frauen und Mädchen links, die Männer und die Buben rechts —, da öffnete sich der Haarknoten an Marias Hinterkopf, sie nahm das Schultertuch ab und versuchte, die Haare neu aufzustecken.

Das sind, falls ich richtig gezählt habe, 123 Worte (!) in einem Satz, der letztlich aussagt, daß Marias Haarknoten sich gelöst und sie versucht hat, diesen wieder herzurichten. Alles andere ist “Beiwerk”.

Dergestalt lesen sich leider weite Teile des autobiographischen Romans, auf dessen Lektüre ich gut und gerne hätte verzichten können.

Dennoch: “Die Bagage” ist kein schlechtes Buch. Nur einfach kein originelles Buch und allenfalls nehme ich mit vollem Einverständnis und Genugtuung folgende Erkenntnis über Pfarrer mit:

Er war derselben Meinung wie sein Vater, dass so einer eine überflüssige Existenz sei, ein Nichtsnutz.

Denis Scheck bleibt trotzdem mein Held!





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