Die Seiten der Welt: Blutbuch, von Kai Meyer

Familien sind Bücher, die mit Blut geschrieben werden. Die Erinnerung an den Anfang schwindet, je näher man dem Ende kommt. Die vorderen Seiten mögen vom Gewicht der hinteren erdrückt werden, aber jedes Blutbuch braucht sämtliche Seiten mit all ihren Makeln, um vollständig zu sein.


Es gibt keinen Zweifel: Kai Meyer schreibt (meist) sehr, sehr schön und kann sowohl spannend und schnell als auch mitreißend und mit “Tiefgang”.

Den ersten Teil dieser Trilogie, “Die Seiten der Welt”, habe ich im Herbst 2015 gelesen und mich sofort in diese wunderbare Welt verliebt. Mit phantastischen (sic!) Einfällen, viel Charme und Warmherzigkeit zog mich die Magie des Romans schnell in ihren Bann.

Auch den zweiten Teil, “Nachtland”, habe ich im Frühjahr 2016 sehr gern gelesen. Tatsächlich finden sich beide Bücher in meinen Favoriten wieder.

Nun ist es 2019, mehr als drei Jahre nach meinem letzten Ausflug zwischen die Seiten der Welt. Furia, die Heldin der Trilogie, und mittlerweile Freiheitskämpferin erscheint mir weitgehend unverändert – und doch konnte mich dieser dritte und letzte Band nicht mehr so mitreißen wie seine Vorgänger.

Die Geschichte, die sich leider allzu kurz und knapp zusammenfassen läßt: Furia und ihre altbekannten Freunde kämpfen gegen ihre altbekannten Gegner, die sich nichts Neues einfallen lassen. Man jagt sich durch Refugien, die Außenwelt und nichts ist wirklich überraschend oder neu.

Als wäre das noch nicht bedauerlich genug, so schleppt sich die Erzählung – vermutlich mangels inhaltlicher Masse – mehr oder minder einfach so dahin. Die große, beinahe noch einmal kindliche Freude (und ich bin 43!), die ich angesichts der ersten Bände empfand, ist diesmal nur ganz selten einmal aufgekommen (ja, die Leseratten haben mir Freude gemacht!).

Auch einzelne Stellen, z. B. die des einleitenden Zitats, haben mein Herz höherschlagen lassen, aber ich war nicht der “Getriebene”, der “nur noch ein Kapitel” lesen wollte.

Das alles ist so schade, denn die Ideen (sic!) sind großartig (mit Ausnahme der Begegnung hinter dem Spiegel…) und Kai Meyer, dessen Bücher ich grundsätzlich schätze, kann viel mehr.

Schade um so viel Potential, aber vielleicht brauchte Meyer ja auch ein Ende für einen neuen Anfang, damit sich die letzten Worte des Buches bewahrheiten können – jedenfalls wünsche ich ihm (und mir!) das:

Aber wenn dieses Ende auch ein Anfang ist, dann gäbe es keines, das mir lieber wäre.



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