König Ottokars Zepter (Tim und Struppi, Band 7), von Hergé

König Ottokars Zepter by Hergé

My rating: 4 of 5 stars


Tim und die Politik – nicht immer eine gelungene Mischung. In diesem Fall aber gilt es zu bedenken, daß “König Ottokars Zepter” im Original zwischen dem 8. August 1938 und dem 10. August 1939 erschien.

Jetzt greifen wir zurück in diese dunkle Epoche deutscher Geschichte: Der von Hitler-Deutschland sogenannte “Anschluss Österreichs” fand am 12./13. März 1938 statt. Am 15. März 1939 ließ Hitler die Tschechoslowakei besetzen.

Der mit Hitler verbündete faschistische Diktator Mussolini fiel am 7. April 1939 wiederum mit italienischen Truppen in Albanien ein.

Unter den Eindrücken dieser Ereignisse also verfaßt Hergé diesen Band und verbindet Elemente all dieser weltpolitischen Katastrophen zu einer spannenden Geschichte, in der Tim und Struppi eine Staatsstreich und den “Anschluß” des fiktiven Syldavien an das Nachbarland Bordurien verhindern müssen.

In zahlreichen Etappen kann Tim seinen Häschern immer wieder: Gegen Ende mit einer vom feindlichen Nachbarland gestohlenen Messerschmitt mit Flugzeugkokarde, die trotz anderer Form ein wenig an das deutsche “Schwarze Kreuz” erinnert, das die deutsche Bundeswehr (leider) bis heute verwendet…

Detailreich gezeichnet und – auch in der deutschen Übersetzung – gelungen getextet, ist dieser Band wieder gut rezipierbar und angesichts seiner geschichtlichen Einbettung noch immer interessant und dennoch auch sehr unterhaltsam. Enthält dieser Band neben dem Syldawischen Pelikan doch auch eine wunderbare Schlüsselszene, in der ein Tri-gespaltener Struppi vor einer äußerst schwierigen Entscheidung steht…

Spoiler



Natürlich sind auch Schulze und Schultze wieder dabei und Bianca Castafiore hat – buchstäblich – ihren ersten Auftritt.

Für Hergé wurde das Happy-End dieses Bandes leider nicht wahr: Exakt drei Wochen und einen Tag nach Abschluß der Veröffentlichung, am 1. September 1939, überfällt Hitler Polen und löst damit den Zweiten Weltkrieg aus. Hergé wird eingezogen und kämpft bis Mai 1940 für Belgien und wird danach aus der Armee entlassen.

Trotz seiner Kritik gegenüber dem Nationalsozialismus und dem Faschismus und einem Rückzug zu eher fantastischen Themen während des Krieges, kann sich Hergé jedoch nicht ganz vor Vereinnahmung schützen und wirkt leider auch zeitweise an anti-semitischen Machwerken mit. Nie wieder wird Hergé danach politisch nennenswert in Erscheinung treten.

Insgesamt ein interessanter, unterhaltsamer Band – allerdings war die Recherche zu dieser Rezension kaum weniger spannend!

Vier von fünf Sternen.


Ceterum censeo Putin esse delendam



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