Zukunftsmusik, von Katerina Poladjan
Zukunftsmusik: Roman by Katerina Poladjan
My rating: 2 of 5 stars
„Hurz!“ oder „Willkommen im sowjetischen Absurdistan!“
Vielleicht erinnert sich ja noch jemand an “Hurz!” aus dem Jahre 1991 von und mit Hape Kerkeling, der einem Bildungspublikum eine absurde Oper vortrug und versuchte, dieses Publikum aufs Glatteis zu führen. Was ihm allerdings nur bedingt gelang.
So etwa wie jenes Publikum sich gefühlt haben dürfte – irritiert, verwirrt, leicht genervt – so fühlte ich mich bei der Lektüre dieser dankenswert kurzen Novelle.
War Kerkelings medialer Streich in seiner Einfachheit letztlich absurd und doch in sich clever, so war “Zukunftsmusik” von Katerina Poladjan leider eher uninteressant und über weite Teile ganz schlicht banal.
Es ist 1985 und Tschernenko ist just am Tage vor Beginn der Handlung gestorben; sein Nachfolger wird Michail Gorbatschow, der sich anschickt, die Welt zu verändern. Aber soweit sind wir noch nicht: Noch leben in einer Kommunalka (eine Art sowjetische Wohngemeinschaft) vier Generationen Frauen/Mädchen einer Familie und ein paar Statisten, die auch schon einmal das Fenster öffnen und davon fliegen, zusammen.
Leider lies mich das alles völlig kalt: 1985 war für mich ein ganz normales Jahr Kindheit. Die Sowjetunion war mir damals vollkommen egal. Allenfalls nahm ich sie im “Spiegel” oder James-Bond-Filmen wahr.
Für mich besteht diese Novelle aus einer Mischung von gähnender Langeweile…
»Creme roch pudrig. Ippolit bevorzugte blumige Düfte. Die Natur hatte ihm keine bemerkenswerten Züge verliehen, und doch hielt er sich nach wie vor für einen schönen Mann. Wenn er das Kinn hob und seine Unterlippe leicht nach vorne schob, sah er aus wie der Schauspieler Lembit Peterson aus dem Film Hotel zum verunglückten Alpinisten.«
… gekünstelter Pseudo-Intellektualität…
»Vielleicht haben all diese Gegenstände und Objekte den Menschen erst zum Menschen gemacht, sagte Maria, weil der Mensch anhand der Objekte die Welt bewältigte.«
(Selbst wenn man sich darauf einlassen möchte: Nein, der Mensch hat diese Objekte überhaupt erst geschaffen und sein Menschsein resultiert nicht aus sich selbst heraus.)
… sowie merkwürdig kontextloser Ideen:
»Gab es einen Zusammenhang zwischen Wohlstand und einem Antonow-Apfel?«
(Auch hier wiederum: Sollte Poladjan sich auf die Kurzgeschichte “Antonäpfel. Erzählungen 1892-1911” von Ivan Bunin beziehen wollen, so fände ich es doch sehr gewagt, Kenntnis einer Kurzgeschichte von 1900 vorauszusetzen…)
Am Ende bleibt alles vage und offen: Was war wirklich, was Fantasie? Ich weiß es nicht und ich habe, offen gestanden, auch gar kein Interesse es herauszufinden.
Ja, die im Klappentext angesprochene Frage „Was tun?“ stellen sich unsere uninteressanten Protagonisten, aber der langatmigen Nicht-Antwort ist es nie gelungen, mein Interesse zu wecken.
Zwei Sterne für den Versuch.
Ceterum censeo Putin esse delendam
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